Medienlandschaft – Wird das Fernsehen seinem schlechten Ruf gerecht?
6. November 2008 von Eric
Vor Kurzem hat ja Marcel Reich-Ranicki den deutschen Fernsehpreis abgelehnt, und weiters die deutsche Medienlandschaft stark in die Kritik genommen. Niveaulos sei sie, blöd und stumpfsinnig und überhaupt ist Helge Schneider ein Mensch der von nichts eine Ahnung habe.
Wird das österreichische bzw. deutsche Fernsehen seinem schlechten Ruf gerecht, oder sind es nur nicht ernst zu nehmende Unkenrufe von Menschen die prinzipiell alles kritisieren? Um den Versuch einer abschließenden Klärung dieser Frage soll es in vorliegendem Beitrag gehen. Um dies zu bewerkstelligen, möchte ich zuerst meine Fernsehgewohnheiten aufzeigen um sie dann dem gebotenem Programm gegenüberzustellen.
Was die Fernsehgewohnheiten anlangt, kann ich nur von mir persönlich ausgehen. Ich habe meinen Fernsehkonsum in den letzten Jahren stark reduziert, und verfolge eigentlich zum großen Teil nur noch Politdebatten, Nachrichten, interessante Dokus oder den einen oder anderen Krimi. Bei Filmen selektiere ich im Vorfeld, und wate nicht stumpf in dem angebotenem Sumpf von Kanälen herum.
Ja, ich entwickelte geradezu eine Leidenschaft für den deutschen Film. So finde ich viele Fassbinder Produktionen (zB Berlin Alexanderplatz, Angst Essen Seele Auf) und einige Filme von Werner Herzog sehr ansprechend (zB Nosferatu – Phantom der Nacht, Aguirre der Zorn Gottes). Aber meinen Blick lasse ich durchaus nicht nur nach Deutschland schweifen, auch der schwedische Regisseur Ingmar Bergmann hat einige interessante Produktionen abgeliefert (zB Das siebente Siegel). Auch dem Theater bin ich grundsätzlich nicht abgeneigt, schließlich war es ja auch Nick Cave der seine ureigene Mackie Messer Interpretation der Drei Groschen Oper von Brecht (Die Moritat von Mackie Messer) zu verdanken hat.
Wieso zum Henker reduziere ich also trotz des doch sehr breiten und ausbaufähigen Spektrums meinen Fernsehkonsum? Mit anderen Worten: Was bietet einem Menschen wie mir, und ich bezeichne mich durchaus als Durchschnittsbürger, also das Fernsehprogramm von heute? Darauf kann ich leider nur ganz banal antworten: Nichts großartiges. Alle oben angesprochenen Filme habe ich also Original DVD im Regal, einfach weil eine Ausstrahlung im Fernsehen viel zu selten ist.
Bin ich zu anspruchsvoll? Erwarte ich zuviel vom Fernsehen? Ich denke nicht, zumal ich mich durchaus bei einem gutem Krimi entspannen kann. Und ja, ich finde die Serie „Der Bulle von Tölz“ nicht schlecht, und auch „Columbo“ würd ich mir sehr gern ansehen, wäre da nicht das Problem dass ich mittlerweile wohl alle Folgen blind kenne. Sogar „Wetten Dass“ kann ich mir mit Abstrichen ansehen, und den einen oder anderen Hollywood Film schau ich mir auch gern an.
Wie ihr seht bin ich also keinesfalls zu anspruchsvoll, und bin durchaus in der Lage mich auch an etwas seichterer aber immer noch niveauvoller Kost zu erfreuen. Es hat allerdings alles Grenzen, denn bei diesen Reality- Talk- oder Gerichtsshows klinkt sich sogar mein, eigentlich sonst doch eher großzügiges, Selbstverständnis den Medien gegenüber aus. Genau hier möchte ich auch nochmals Marcel Reich-Ranicki zitieren, der ja meinte dass man durchaus Unterhaltung bieten könne, diese aber nicht auf einem so tiefen Niveau wie der Großteil der ausgestrahlten Sendungen sein dürfe.
Gerade diese Gerichtsshows erfreuen sich ja steigender Beliebtheit. Müssen Männer sich nun Sorgen machen dass ihre braven und anständigen Hausfrauen klammheimlich zu aggressiven, bei jeder sich bietenden Gelegenheit den Streit suchenden Juristinnen mutieren? Mitnichten! Während in diesen Shows zwar ausjudizierte Fälle nachgespielt werden, wird aus dem Sachverhalt so gut wie alles juristisch einschlägige gestrichen, bis etwas überbleibt dass selbst ein völlig ungebildeter Mensch versteht.
Klar, je einfacher und verständlicher das Programm, desto mehr Quoten bringt es, klingt logisch. Aber muss es deswegen auf ein so unglaublich tiefes Niveau sinken? Ist es wirklich so dass die Masse sich ausklinkt, wenn sie zur Meinung gelangt dass sie dem Programmverlauf nicht mehr folgen kann? Ein Mitarbeiter eines populären österreichischen Radiosenders hat mir vor Jahren mal Folgendes gesagt: „Man muss den Menschen glauben machen dass der Moderator schlicht dümmer sei als der Zuhörer selbst. Nur so sicherst du eine konstante Einschaltquote. Wenn die Leute sich unterlegen fühlen, schalten sie um.“ Er hatte wohl nicht Unrecht.
Wie denkt ihr über das deutsche bzw. österreichische Fernsehen, und wie sind eure Fernsehgewohnheiten? Konsumiert ihr artig was man euch vorsetzt, oder selektiert ihr? Meinen Standpunkt kennt ihr nun ja.
Zum Abschluss möchte ich noch ein interessantes Gespräch zwischen Marcel Reich-Ranicki und Thomas Gottschalk zum Zustand des deutschen Fernsehens anfügen. Seht es euch an, die rund 30 Minuten lohnen sich.
Ein Blog, dass mit einer Frage endet, die ich gerne beantworte: Ich habe keinen Fernsehanschluss mehr, weder so noch so. Filme hol ich mir aus der Videothek oder schau sie mir im Kino (Alles ausser Cineplexx, vorwiegend Royal English Cinema) an. Meine Freundin hat zeitweise noch Gerichtsshows geschaut, als wir noch Fernsehen hatten, aber vermissen tut sie, genau wie ich, gar nichts mehr von dem Müll, der da geboten wird.
Ich persönlich kann Leute nicht verstehen, die sich nur vor den Fernseher hocken, wenn sie zuhause sind, egal ob mit Familie, oder ohne. Es ist einfach ein asoziales Verhalten, dass mitunter zu solchen Problemfamilien führt, wie wir sie heute haben. Ausserdem sind die GIS-Gebühren viel zu teuer, für den Fakt, dass sie sich anmaßen sogar Satellitenfernsehen (dass sich doch überwiegend aus Werbung sponsort) versteuern zu dürfen. Zum Glück ist man als Student/Zivi ja gebührenbefreit ;).
Fernsehen könnte mit der Zeit bei intensiver Nutzung zur Vereinsamung führen, da hast du recht. Deswegen sollte dieses Medium auch nur selektiv eingesetzt werden, und nicht aus purer Langeweile, wie es ja leider heutzutage usus ist.
Es gibt aber sehr viele schöne Filme, das Problem ist bloß, wie ich ja im Artikel erläutert habe, dass man sich diese meist aus einer Videothek leihen muss, bzw. als Original DVD ins Regal holt. Im Fernsehen selbst werden diese Filme leider nur viel zu selten gespielt.