Bob Dylan und die Organisation seiner Konzerte – Eine Glosse
23. März 2009 von Eric
Jeder der einmal einige der zahlreich verfügbaren Bootlegs angehört, oder gar selbst ein Bob Dylan Konzert miterlebt hat, weiß um die kontrastreiche musikalische Vielfalt mit der Herr Zimmermann, im größten englischsprachigen Bob Dylan Forum liebevoll „Zimmy“ genannt, seine Stücke vorträgt. Natürlich kann man darüber dass Dylan nur noch selten zur Gitarre greift, und sich vorwiegend des Keyboards bedient, durchaus geteilter Meinung sein, allerdings geben weniger die Konzerte, sondern vielmehr deren Organisation Anlass zur Kritik.
Bislang habe ich lediglich zwei Dylan Konzerte besucht, und zwar einmal 2003 in Graz, und dann erneut voriges Jahr, 2008, in Salzburg. Und obwohl das Konzert im Jahre 2003 von den Medien zum großen Teil negativ dargestellt wurde, war es für mich ein weitaus besseres Konzert als jenes in Salzburg. Der Standard bemängelte vorallem die schlechte Raumakustik der Grazer Eissporthalle und die an einen streunenden Straßenköter erinnernde Stimme Dylans. Desweiteren wurde die Behauptung aufgestellt, entsetzte Besucher hätten das Konzert zwischen den Stücken verlassen. Es stimmt zwar dass die Akustik der Halle, sehr freundlich ausgedrückt, bestenfalls als suboptimal bezeichnet werden kann, und es ist auch wahr dass Dylans Stimme wohl bessere Zeiten gesehen hat, dagegen wird man kaum plausible Argumente einwenden können. Man muss aber auch ganz klar sagen, dass die Organisation und die gesamte Atmosphäre des Konzertes, verglichen mit Salzburg, wesentlich besser war.
Dem Argument des Webstandards, entsetzte Besucher hätten die Halle verlassen, kann ich lediglich meine persönliche Erfahrung entgegenhalten. Ich habe keinen einzigen Besucher während des Konzertes die Halle verlassen sehen, es war sogar so dass das Konzert sehr gute Laune versprühte. So tanzten einige wenige Leute sogar vor der Bühne, was wohl nicht ausschließlich der großzügig eingesetzten, für Dylan Konzerte so typischen, Nag Champa Stäbchen , sondern vielmehr der äußerst tanzbar arrangierten „Tweedle Dee & Tweedle Dum“ Nummer zu verdanken war. Auch das angenehm unauffällig und unterrepräsentiert platzierte Sicherheitspersonal tat sein Übriges dazu dieses Konzert für jeden Besucher angenehm zu gestalten. Zur negativen Meinung der Medien hat mit Sicherheit auch der Umstand der Ablehnung des ursprünglich eingeplanten Künstlers, Wolfgang Ambros, Rechnung getragen. Aber mal ehrlich, Ambros hat zwar einige sehr gute Dylan Covers gebracht, aber es ist doch immer noch Austropop, selbst wenn dieser durchaus sehr gut sein mag. Leider zog sich der gute Bob wohl dadurch auch den Hass der äußerst subjektiv getränkten Medien zu, die dahinter natürlich wieder einen gemeinen Komplott gegen die zugegeben etwas unterrepräsentierte österreichische Austropop Szene vermuteten.
Zwar gab es 2003 in Graz kein Fotoverbot, ich hätte dieses aber wohl, gemäß dem Fall es wäre mit entsprechender Freundlichkeit welche man einem Kunden entgegenbringt an mich herangetragen worden, sicherlich akzeptiert. In Graz hatte man auch nicht das Gefühl dass jeder Quadratzentimeter der Halle mit einem Sitz- oder Stehplatz zugepflastert sein würde. Es herrschte eine durchgehend angenehme Atmosphäre, und man konnte sich gut auf das Wesentliche, nämlich das Konzert, konzentieren.
Ganz anders beim Salzburger Konzert. Dort fing es schon damit an dass mich am Eingang eine Dame anschnauzte, und mich fragte ob ich wohl einen Fotoapparat oder eine Kamera bei mir hätte. Da das Fotoverbot zuvor weder vom Ticketversand, noch auf den Karten vermerkt wurde, nahm ich natürlich meine Digitalkamera mit in die Halle. Die „freundliche“ Dame bot mir die Gelegenheit den Knipser entweder zurück ins Auto zu legen, oder aber bei ihr abzugeben. Ich entschied mich für das Erste, denn mir war klar dass vom Salzburg Arena Team mit Sicherheit keine Haftung für die zur Verwahrung gegebenen Gegenstände übernommen werden würde. Auch hatte ich keine Lust unter dem Getümmel nach dem Konzert meine Sachen aus einem riesigen übereinandergestapelten Haufen herauszusuchen.
In der Halle angekommen fiel mir auf dass man offenbar keinen Quadratzentimeter ungenutzt lassen wollte, denn wohin man auch blickte, erfreute ein Sitz- oder Stehplatz das Auge. Anders als in Graz etwa, waren hier die Sitzplätze auch mittig im Parterre, und nicht etwa ausschließlich überhöht, also auf einer Tribüne, angeordnet. Die Tribünen seitlich (dunkelgrün) bieten allerdings kaum Sicht zur Bühne, und damit Anlass zur Kritik. Ich wähnte mich im vermeintlichem Glück einen Sitzplatz in der Mitte (orange) ergattern zu können. Leider stürmten aber bereits nach dem zweiten oder dritten Song Besucher mit den wesentlich billigeren Stehplätzen in Richtung Bühne, was den Käufern der im Verhältnis teuren Sitzplätze im Innenraum die völlige Sicht auf Selbige raubte. Sehr gut dokumentiert wird meine Aussage durch das Bootleg des Konzertes, worin die verzweifelten Rufe des Publikums zu hören sind. Um wenigstens ein paar positiv in Erinnerung bleibende Momente einzufangen, versuchte ich mich trotz des Verbotes an einigen wenigen Schnappschüssen. Einem sich ob dieses Zuwiderhandeln echauffierenden Sicherheitsbeamten erklärte ich, dass sich das Team doch bitte darum bemühen solle die Ordnung im Konzert wieder herzustellen. Das Argument zeigte Wirkung, und man war sich dieses Umstands wohl auch bewusst, vermochte allerdings nicht ihn abzustellen. Natürlich fragt man sich an dieser Stelle auch wie rücksichtslos manche Besucher sind. Frei nach dem Motto „Der Stärkere überlebt“ verdrängten sie das unglaublich überforderte Sicherheitspersonal, und schlugen sich ihren Weg zur Bühne durch. Sowas habe ich bisher auch noch nie erlebt, schließlich setze ich es von einem Besucher mit gesundem Menschenverstand voraus, dass derart kindisches Gedränge und Geschubse unterlassen wird. Vorallem bei einem Dylan Konzert hätte ich so ein Verhalten am aller Wenigsten erwartet.
Meiner Meinung nach sollte Bob Dylan generell die Art seiner Auftritte überdenken. Mir persönlich sind die Hallen einfach zu vollgestopft, und ganz ehrlich, Dylan war ja nie dieser „Rockstar Typ“ der sowas wie einen Stage Rush „verdient“ hätte. Dylan war immer ein Musiker der es nicht besonders schätze wenn ein zu großer Hype um ihn entstand, was viele der Gäste nicht zu verstehen scheinen. Sowas wie ein „Stage Rush“ ist vielleicht bei einem Rock&Roll Musiker wie Chuck Berry okay, und der praktiziert das ja gegen Ende des Konzertes auch noch immer, aber bei Dylan wirkt es einfach völlig deplatziert. Ich für meinen Teil würde sehr gerne kleinere Auftritte sehen, und wäre sogar bereit mehr dafür zu bezahlen. Bob Dylan hat es nicht verdient dass man ihn derart kommerziell ausschlachtet, sein Zuhause gehört eigentlich nicht dem Mainstream, zumindest nicht dauerhaft. Das Fotoverbot ist dabei zwar noch das kleinere Übel, scheint allerdings das lokale Management immer wieder dazu zu motivieren, unfreundlich gegen zahlende Besucher vorzugehen. Und wer vergrault schon gerne die zahlenden Kunden? Hier sollte man schleunigst umdenken, selbst wenn der Künstler Bob Dylan heißt.
Waren Sie vielleicht auch auf einem der beiden Konzerte? Wenn ja, was sind ihre Meinungen diesbezüglich? Natürlich können Sie mir auch generelle Korrekturen, Anregungen oder Kritik posten, ich freue mich über jeden ehrlichen Beitrag.